Es gibt viel zu tun. Packen wir’s an. So lautet ein aus der Werbung stammendes Leitmotiv. Und wer wünscht sich nicht, dass die Technik einem bei komplexen Problemen hilft oder stupide Tätigkeiten unterstützt? Wir blicken auf Anwendungsfelder für die zuletzt in der öffentlichen Wahrnehmung sehr präsente Künstliche Intelligenz (KI) in unserer Branche.
Bei roter Ampel an einer Kreuzung zu warten, während an den drei anderen Straßen kein Auto als potenzieller Gegenverkehr steht, nagt gerade an jenen Fahrzeugführern, die unter Zeitdruck stehen. Wer wünscht sich – beispielsweise als LKW-Fahrer im Straßengüterverkehr mit engem Terminplan – in solch einem Moment nicht ein intelligentes Verkehrsleitsystem, dass proaktiv buchstäblich auf „Grün“ stellt.
In solch einem Szenario sehen viele Logistikexperten ein spannendes, positiv konnotiertes Einsatzfeld für Künstliche Intelligenz. Es ist nicht das Einzige, das im Jahresverlauf 2023 – nachdem die generative KI vor allem in Form des Texterstellungsprogrammes ChatGTP für viele Wochen die Berichterstattung auch abseits der IT-Fachwelt mitbestimmte – im Transportgeschäft in Erwägung gezogen wurde. Für nahezu jede Branche und dortige Spezialdisziplin wurden unter dem avisierten Veränderungsdruck Horrorszenarien und Zukunftsoptionen diskutiert.
KI nicht um der KI willen einsetzen
Werden überspannte Visionen, die sich vor der Herrschaft der Maschinen fürchten, wie es einst in den „Terminator“-Filmen gezeigt wurde, ausgeblendet, trifft jeder technische Fortschritt im Straßengüterverkehr selbstredend auf die hier vorhandenen zentralen Herausforderungen im realen Speditionsalltag. Fachkräftemangel, sei es am Steuer oder an der Rampe im Hub, Kostendruck, der Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit (nicht nur) im Verkehrssektor und die Infrastrukturprobleme sind in diesem Kontext allgegenwärtig.
Insofern verwundert es nicht, wenn in den Beiträgen zum (künftigen) KI-Einsatz zwei Anwendungsfelder besonders hervortreten: Zum einen, wie oben angedeutet, ein optimierter Warenfluss durch KI-gesteuerte Verkehrsmanagementsysteme und zum anderen das Heben von Potenzialen bei einfachen, wiederkehrenden Prozessen im logistischen Alltag.
Big Data als unsichtbare Hand im Verkehr
Angesichts der immensen Daten, die inzwischen hinsichtlich des Verkehrsaufkommens, des Ladungszustandes oder auch den Gegebenheiten sowohl am Abfahrts- als auch am Zielort gewonnen werden können, bietet eine KI-basierte Lenkung von Transportrouten die Möglichkeit wertvolle Zeit und ressourcenschonend unnötige Emissionen einzusparen. Welcher LKW-Fahrer wünscht sich angesichts nervender Stunden im Stau nicht eine freie Fahrt? Überflüssige Abgase im Stop-and-go sind so auch zu vermeiden.
Ob sich in diesem Zusammenhang rasch alle angedachten Ideen verwirklichen lassen, hängt ebenfalls vom Gesetzgeber ab. Wer die Diskussionen um das autonome Fahren der ersten Tesla-Wagen und die dabei erörterten Rechtsfragen verfolgt hat, wird sich vorstellen können, welche dicken Bretter auch beim notwendigen Reglungsbedarf für KI-gesteuerte Leitstrukturen zu bohren sein dürften.
Scannen, Ordnen und Abheften 4.0
Jeder Branchenvertreter, nicht allein nur jene aus dem administrativen Arm der Logistik, weiß um die umfangreichen Dokumentationsanforderungen für jeden Transport. Spannend gestaltet sich die Erfassung, Interpretation und Archivierung von Belegen in den seltensten Fällen – aber all diese Arbeitsschritte sind für eine lückenlose Darstellung der Verkehre und ihrer Abrechnung unumgänglich.
Die Experten sehen hier durch den KI-befeuerten Dreiklang aus Standardisierung, Digitalisierung und Automatisierung viel Einsparpotenzial, das es künftig zu heben gilt. Die somit frei gewordenen personellen Ressourcen finden in anderen Aufgabengebieten, die die menschliche Kreativität und Flexibilität erfordern, in einer von Fachkräftemangel geplanten Industrie in aller Regel zielführender Verwendung.